An Weihnachten 2021, mitten in der intensiven Coronazeit, kam unser erstes Mädchen im KH in Winsen auf die Welt. Es war ein wildes und emotionales Auf und Ab für meinen Mann und mich, vom vorzeitigem Blasensprung mit wenig Fruchtwasseraustritt über eine ewig lange Zeit ohne Wehentätigkeit, bis hin zur Einleitung mit Prostaglandinbändchen, darauffolgender Wehentätigkeit, die aber wieder verschwand und dann letztendlich einem einige Stunden später folgenden Wehensturm.
Die eigentliche Geburt ging sehr schnell für das erste Kind, hat uns alle aber aufgrund der äußeren Umstände sehr gestresst – die Herztöne des Kindes wurden rasant schlechter, das CTG schlug Daueralarm, es piepte und blinkte überall um mich herum im Kreißsaal… ich stand unter Strom und hatte Angst, da schon Saugglocke und Tuch für den Kristellerhandgriff bereit gelegt waren, denn die Zeit drängte.
Nachdem ich unser Baby auf dem Rücken liegend und am Tropf hängend, CTG verkabelt und unter genauer Kontrolle und Anleitung von 2 Hebammen, Fach- und Oberärztin mit aller Kraft schnell geboren hatte, lag dann meine winzige, zauberhafte Tochter ganz schlapp, aber gesund auf mir. Sie erholte sich schnell, ich war glücklich und stolz, aber wir brauchten einige Zeit um das Erlebte zu verarbeiten und ich stellte mir oft die Frage: Hätte es wirklich so laufen müssen? Oder wäre es nicht entspannter und vor allem angstfreier und selbstbestimmter gegangen?
Dann wurde ich wieder schwanger. Für mich war diesmal klar: ich möchte eine entspannte, angstfreie und selbstbestimmte Geburt und das geht für mich nicht in einem Krankenhaus.
Eine gute Freundin hat ihr zweites Kind daheim geboren und ich bat sie, mir zu erzählen wie die Geburt für sie war und bekam einen durchweg positiven Geburtsbericht. Auch las ich viel im Netz und schaute mir auf YouTube Videos über Hausgeburten an… je mehr ich darüber recherchierte, desto mehr manifestierte sich der Wunsch das zweite Baby daheim zu gebären und so stieß ich auf das „Hausgeburtsteam Hand in Hand“.
Mein Mann war zuerst noch etwas skeptisch, jedoch waren letzte Zweifel nach einem aufklärenden Gespräch mit Vera, unserer Hebamme, schnell beseitigt.
Ich entschied mich diesmal auch die letzten Vorsorgeuntersuchungen alle von Vera durchführen zu lassen. Auf ein CTG verzichtete ich komplett. Wie schön war es, den Herzschlag des Babys durch‘s Stethoskop zu hören, ohne Geräusche und Gepiepe.
Schon da stellte sich eine Ruhe und eine Entspanntheit ein und ich freute mich die letzten Wochen der Schwangerschaft genießen zu können.
3 Tage vor dem ET passierte es dann in der Nacht: erneut hatte ich einen hohen Blasensprung mit wenig Fruchtwasseraustritt und keine Wehentätigkeit. Vera, die ich Tag und Nacht erreichen konnte, riet mir gemütlich weiter zu schlummern und abzuwarten. Am Morgen kam sie und untersuchte mich: Muttermund fingerweit geöffnet, weiterhin keine Wehen. Auf ihren Vorschlag hin ging ich spazieren und machte einen Einlauf und tatsächlich stellte sich danach am Mittag eine leichte Wehentätigkeit ein. Unser erstes Kind wurde zur Oma gebracht, damit ich mich in Ruhe auf die Geburt vorbereiten konnte.
Im 4 Stundentakt wurde ich von Vera kontrolliert und wir telefonierten immer wieder und ich versuchte mich zu entspannen. Jede Wehe empfing ich mit Freude – sie kamen etwa alle 5-10 Minuten und blieben für eine knappe Minute. Dies zog sich bis in die Abendstunden. Vera hatte uns inzwischen ausführlich über die Infektionsgefahr bei einem vorzeitigen Blasensprung aufgeklärt, aber wir entschieden uns zu warten und nicht ins KH zu fahren. Der Muttermund war inzwischen auf 5 cm geöffnet, dem Kind und mir ging es blendend, aber mehr tat sich nicht. Ich bekam langsam das ungute Gefühl, doch wieder ins KH zur Einleitung zu müssen und verlor mit jeder Stunde mehr Vertrauen in meinen Körper. Wollte aber weiterhin abwarten.
Um 23 Uhr kam Vera zu uns. Sie gab mir eine entspannende Fußreflexonenmassage und wir unterhielten uns. Es schien so, dass ich mich selbst psychisch zu sehr unter Druck setzte aufgrund der Erfahrung bei der ersten Geburt, und mich dadurch blockierte.
Vera schlug vor, mit ein ganz wenig Rizinusöl nachzuhelfen und ich stimmte zu. Vielleicht konnten wir so meinen Körper über den Geist bestimmen lassen. Ich aß das Rizinusöl in Rührei, gebraten von meinem Mann – geschmacklich gar nicht so übel. Vera entschied die Nacht bei uns zu bleiben und blieb im Wohnzimmer, während ich mich zu meinem Mann ins Bett kuschelte und versuchte mich zu entspannen. Dabei schlummerte ich weg.
Ob es das entspannte Gefühl der Nestwärme war, oder das Rizinusöl weiß ich nicht, aber nach 1,5 Stunden wachte ich auf und fühlte, dass die Wehen sehr schnell intensiver wurden. Ich freute mich sehr und ging ein Stockwerk tiefer ins Wohnzimmer zu Vera, die schon wach war. Mein Mann schlummerte noch weiter.
Ich musste die Wehen gut veratmen, lief in den Pausen durch das ins Dämmerlicht getauchte Wohnzimmer. Es wurde anstrengender, aber ich war so glücklich, dass es endlich losging und fühlte mich richtig wohl und voller Energie.
Mein Mann kam kurz darauf nach unten, dachte schon die Geburt verschlafen zu haben, worüber ich noch kichern musste, auch die Hebammenstudentin Melina kam dazu. All das bekam ich aber nur am Rande mit. Ich war voll und ganz auf mich und die Geburt konzentriert. Immer wieder kontrollierte Vera die Herztöne des Babys, aber es war völlig unbeeindruckt von dem Geburtsvorgang und ganz entspannt, was auch mich entspannte.
Ich spürte, wie es innerlich knackte und ein Schwall Fruchtwasser lief auf die Unterlage. Jetzt war die Fruchtblase richtig geplatzt. Vera riet mir, mich hinzuhocken. Gestützt auf die Sofalehne spürte ich, wie sich das Köpfchen des Kindes durch mein Becken arbeitete und den Drang zu pressen. Die Schmerzen waren absolut erträglich, auch wenn es anstrengend war. Es half mir laut und in tiefen Tönen die gesamte Energie auf die arbeitenden Muskeln zu leiten, warme Kompressen taten mir in dem Status der Geburt sehr gut. Ich war fasziniert, dass ich intensiv fühlen konnte, wie das Kind sich weiter vorarbeitete und dann der Kopf austrat und dachte in dem Moment: das anstrengendste ist geschafft. Nach zwei weiteren Wehen war unser zweites Mädchen dann geboren, sie schrie sofort kräftig. Genau in dem Moment traf auch die zweite Hebamme ein. Die Geburt hatte ab Zeitpunkt der stärker werdenden Wehen nur eine Stunde gedauert. Ich schloss die Kleine in die Arme und lehnte mich zurück, um die ersten Sekunden zu genießen und sie zu begrüßen. Weiterhin wurde ich komplett umsorgt und konnte mich vollends entspannen.
Es gab warme Handtücher für das Baby auf meiner Brust, mir wurde ein gemütlicher Platz hergerichtet und gemeinsam mit meinem Mann konnten wir fühlen, wie die Nabelschnur langsam auspulsierte. Danach schnitt er sie durch. Ich hatte keine Geburtsverletzung und die Kleine war gesund und kräftig. Die Nachgeburt wurde begutachtet und wir und konnten ganz viele Fragen stellen – was für ein faszinierendes, spannendes Organ. Unser Baby durfte dann zum Papa auf die Brust, während ich mit Hilfe zur Dusche ging. Danach kuschelten wir uns ins hergerichtete Wochenbett und Judith und Melina fuhren nachhause… Vera erledigte noch ein paar Formalitäten und fragte uns, ob wir noch etwas bräuchten, was wir verneinten…. So verließ auch sie uns in den frühen Morgenstunden, um dann am Vormittag nach dem Rechten zu sehen.
Mein Mann legte sich schlafen und ich lag lächelnd mit unserer Kleinen an der Brust im Wochenbett und ließ die Geburt nochmal an mir vorbeiziehen. Es hätte nichts perfekter laufen können, ich war und bin unendlich dankbar für diese Erfahrung. Es war so heilsam und tat unendlich gut, eine ähnliche Situation bei der Geburt auch ganz anders erlebt haben zu dürfen.
Danke an Vera und das „Hand in Hand Hausgeburtsteam“, für eure liebevolle Unterstützung!