Nachdem die Geburt von Anton für mich mit sehr vielen negativen Erlebnissen verbunden war, hatte ich großen Respekt vor dieser Geburt. Trotz der ersten sehr komplikationsreichen Geburt haben wir uns für eine Hausgeburt entschieden. Schon Wochen vor der Geburt malte ich mir abends vor dem Einschlafen immer die „Traumgeburt“ aus.
Interessanterweise hatte ich bereits im Januar einen Traum von einer Frau, die eine sehr schnelle und wunderschöne Geburt hatte. Ich war dabei und bewunderte diese Frau sehr, weil die Geburt so klasse war. Erst nach Maries Geburt sollte ich verstehen, dass eben ich diese Frau war, die im Traum so toll geboren hatte.
Am Dienstag, den 10. Juni wachte ich morgens um 6.15 Uhr mit dem mir seit Wochen bekannten Ziehen auf. Im Bad wurde mir dann aber bereits klar, dass unser Kind heute geboren werden würde. Als ich Marco um 6.45 Uhr mit den Worten „heute kommt unser Kind – aber erst fahre ich Anton noch in die Krippe“ weckte, habe ich wirklich geglaubt, dass es bestimmt bis abends dauern würde.
Während ich Anton anzog, musste ich bereits einige Wehen veratmen und stellte fest, dass sie schon durchaus stärker wurden aber immer noch gut auszuhalten waren. Anton war natürlich etwas verunsichert und als ich ihm dann erklärte, dass das Baby heraus wollte, zeigte er auf meinen Bauch und sagte „Bauch auf“. Um 7.30 Uhr beschloss ich auf gutes Zureden meines Mannes, dass man mit solchen Wehen kein Kind in die Krippe bringen könne. So fuhr er dann los – nicht ohne mir ins Gewissen zu reden, dass ich Anke – unsere Hebamme – endlich anrufen solle.
Da ich ja nun Ruhe hatte und mal auf die Uhr schauen konnte, stellte ich überrascht fest, dass die Wehen tatsächlich eine Minute anhielten und bereits alle 3-4 Minuten kamen. Also rief ich per Pieper unsere Hebamme an und wartete auf ihren Rückruf. Derweil räumte ich in der Wohnung noch ein wenig auf. Um 8.15 Uhr war Marco zurück und raste hin und her, um alles für die Hausgeburt vorzubereiten. So langsam musste ich die Wehen doch ein wenig lauter veratmen, aber es war alles noch gut auszuhalten. Anke – unsere Hebamme – rief genau in einer Wehenpause an und sagte mir, dass sie gerade von einer Geburt nach Hause gekommen sei und sich gerne noch kurz frisch machen würde. Falls es eiliger werden würde, sollten wir sie noch mal anpiepen. Gut kein Problem – denn ich dachte ja immer noch, dass ich genug Zeit hätte. Außerdem war ich einfach nur froh, dass Anke nicht gerade noch bei der anderen Geburt war. Die Wehen wurden inzwischen schon etwas stärker, so dass ich jedes Mal in den Vierfüßler ging und den Geschirrspüler in den Wehenpausen nicht mehr ganz ausräumen konnte, da ich nun doch Entspannungspausen brauchte. Bei jeder Wehe schaute ich auf mein drittes Auge und versuchte mich trotz des Schmerzes zu entspannen.
So gegen 9.00 Uhr merkte ich meinen Kreislauf und mir wurde schlecht, so dass ich mich doch lieber in die Seitenlage aufs Bett legte. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Wehen auch echt gemein. Marco war während der Wehen da und massierte mir gut den unteren Rücken. Ich tönte laut und noch lauter … (schön, dass die Nachbarn vorbereitet waren, denn die Fenster waren weit offen). Um kurz vor halb zehn kam Anke und Marco holte alle notwendigen Sachen aus ihrem Auto. An diesem Punkt waren die Wehen richtig fies und ich musste wirklich in ein Kissen beißen, um sie auszuhalten. Aus dem „Ahhh“ wurde mit zunehmender Stärke der Wehe ein „Auaa“ und ich versuchte in den Wehenpausen die Wehen richtig loszulassen. Das war aber nicht so leicht. In einer Wehenpause untersuchte Anke den Muttermund und sagte nur „der Muttermund ist komplett offen“. Ich schaute sie verwirrt an und fragte „und was heißt das jetzt?“… Um mich herum war es unglaublich ruhig. Anke und Marco bereiteten alles sehr schnell vor und ich wunderte mich noch, warum Anke die zweite Hebamme jetzt schon anrief. Einige Wehen später begab ich mich auf dem Bett in den Vierfüßler und merkte, dass ich anfangen konnte zu pressen und schwups war die Fruchtblase geplatzt. Marco war gerade einen Schritt nach hinten getreten und hatte richtig Glück, dass er nicht getroffen wurde!
Nun hatte auch ich begriffen, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis unser Kind da wäre. Kurz danach saß ich in der Hocke vor dem Bett und genoss eine lange Wehenpause. Anke saß vor mir, Marco hinter mir und ich hatte ein sehr gutes Gefühl. Diese Wehen waren viel besser auszuhalten, weil ich deutlich aktiver sein konnte. Nach ein oder zwei weiteren Wehen war Marie bereits komplett geboren. Was für ein wahnsinniges Gefühl. Sie kam in einem Rutsch heraus und ich sah gleich, dass es ein Mädchen war und nahm sie dann in meine Arme. Welch ein wunderschöner und bewegender Augenblick – die Zeit blieb einfach stehen! Ich war in Marcos Armen und Marie in meinen – das war einfach wunderbar. Unsere zweite Hebamme – Vera – kam gerade in das Zimmer als Marie geboren wurde – welch ein Zufall!
Mit Erleichterung stellten wir alle kurze Zeit später fest, dass ich dieses Mal keine atonische Nachblutung hatte! Dank der guten Arbeit meiner Hebammen und des Medikaments wurde ich von dieser Komplikation verschont.
Die nächsten Stunden vergingen mit gemütlichem Kuscheln in unserem eigenen Bett und ersten Stillversuchen. Irgendwann musste ich noch schnell an zwei Stellen genäht werden, denn Marie hatte es doch etwas zu eilig! Mein Kreislauf wurde langsam stabiler – allerdings konnte ich erst am Abend wieder aufstehen. Einige Nachwehen ärgerten mich noch ein wenig.
Marco und ich konnten uns lange nicht entscheiden, welchen Zweitnamen Marie nun haben sollte. So haben wir dann Anke nach ihrer Meinung gefragt – und nun heißt Marie mit Zweitnamen Linea nach der kleinen rosafarbenen Blume.
So konnten wir unser kleines großes Glück in aller Ruhe zu Hause genießen! Abends kam Anton dann hinzu und war ganz entzückt von seinem kleinen Schwesterchen. Sie bekam sofort Küsse und Streicheleinheiten.
Für uns war diese Geburt unglaublich bewegend und schön. Sie hat mir viel Vertrauen in meinen Körper zurück gegeben, welches ich bei Antons Geburt verloren hatte. Auch die Tage danach waren wunderbar. Niemand hat uns herein geredet und niemand hat nachts um 3.00 Uhr eine Untersuchung des Kindes vorgenommen. Auch das Wochenbett ist für uns sehr angenehm und ruhig verlaufen. Wir haben die Tage für uns sehr genossen.
Meine Hebamme hat mir unglaublich viel Unterstützung gegeben – bereits während der Schwangerschaft. Ohne Anke wäre diese Geburt bestimmt nicht in dieser Weise möglich gewesen. Sie hat mir immer wieder Mut gemacht und ich muss sagen – sie hat wirklich Recht gehabt!