Vor nunmehr 11 Jahren war ich das erste Mal schwanger. Schon recht früh war mir klar, dass ich nach Möglichkeit mein Kind nicht in einem Krankenhaus zur Welt bringen wollte. Mich schreckte die kühle Klinikroutine, die Gerätemedizin, ein möglicher Hebammenwechsel während der Geburt und die Tatsache, während der Geburt von mir fremden Menschen umgeben zu sein. Meine Umgebung reagierte zumindest skeptisch auf meine Vorstellungen. Auch meinem Partner war die Idee der außerklinischen Geburt fremd, aber er vertraute meinem Wunsch und Gefühl und stärkte mir somit den Rücken.
Die Schwangerschaft verlief normal und letztlich entschieden wir uns für eine Geburt im damaligen Lüneburger Geburtshaus. Ganz zu Hause zu bleiben traute ich mich damals noch nicht. Schon längst über den errechneten Termin hinaus, setzten endlich Wehen ein und nach mehreren Telefonaten trafen wir uns am späten Abend mit „meiner“ Hebamme Cathleen im Geburtshaus. Dort empfing mich eine gemütliche Atmosphäre und die mir vertraute Hebamme. Nur zwei Stunden später war unsere erste Tochter geboren. Ich war froh, meine Wünsche verfolgt zu haben und eine schöne Geburt erlebt zu haben, in der ich und das Baby im Mittelpunkt standen. So brauchte ich mich z. B. nicht hinzulegen, um die Herztöne des Babys abhören zu lassen. Vielmehr folgte mir Cathleen mit dem mobilen Gerät und ich entschied, in welcher Position ich am besten gebären konnte (was für die Hebamme bestimmt nicht so bequem war).
Als ich drei Jahre später erneut schwanger war, stand für uns von vornherein fest, diesmal zu Hause bleiben zu wollen. So suchte ich mir eine Hausgeburtshebamme und ging dann auch nur zu ihr zu den Vorsorgeuntersuchungen. Das war eine ganz andere, schönere Schwangerschaftsbegleitung als ich sie bei meinem Frauenarzt erlebt hatte. Ich hatte das Gefühl, ein besseres Gefühl für das neue Leben im Bauch zu entwickeln, weil ohne Ultraschall ganz andere Sinne der Wahrnehmung dieses Lebens gefragt waren und die Vorsorgen viel intensiver waren. Es ging deutlich um unser beider Befinden und Unterstützung bei all den Schwangerschaftsbeschwerden, die so auftraten. Sei es nun das elende Sodbrennen, die dauernde Übelkeit, Eisenmangel, Wasser in den Füßen, seelisches Ungleichgewicht oder auch die lange Weigerung des Babys, sich in die rechte Geburtsposition zu begeben. Letztlich „überzeugten“ wir unser Baby, sich in der 38. Woche zu drehen und einer Hausgeburt stand nichts mehr im Wege. Einige Tage nach Termin setzten morgens leichte Wehen ein, die sich so über den Tag hinzogen. Unsere Hebamme kam nach einigen Telefonaten am frühen Abend und schlug vor, erstmal nach einem guten Abendessen die große Tochter ins Bett zu bringen und dann ein Bad zu nehmen. Entweder würde es dann richtig losgehen oder sich wieder beruhigen, was wir dann zum Schlafen nutzen sollten. Nach dem Essen kam unser Babysitter, der im Fall des Falles für die Tochter dasein sollte. Ich stieg in die Badewanne und tatsächlich verstärkten sich die Wehen, ließen sich anfangs aber ganz angenehm in dem warmen Wasser veratmen. Irgendwann wurde es mir dann zu ungemütlich. Also verließ ich die Wanne. Auf dem Klo platzte dann die Fruchtblase, ohne das es mir in dieser Situation so richtig bewusst wurde. Auf jeden Fall kam die Geburt nun richtig in Gang. Mein Mann piepte Anke an, die schon durchs Telefon hörte, dass die Geburt kurz bevor stand und durchs Telefon bereits Anweisungen gab. Ich hatte deutlich das Gefühl, pressen zu wollen und doch die Vorstellung, ohne Hebammme kein Kind bekommen zu können. Wohl nur deshalb kam Anke noch rechtzeitig, um ihren Mantel abzulegen, einmal Babyherztöne zu hören, meinen Mann den Gebärhocker aus dem Auto holen zu lassen, und dann, nur ca. 4 Minuten nach ihrer Ankunft unserer zweiten Tochter auf die Welt zu helfen. Nach der Plazentageburt wachte auch die nun große Schwester auf und kam zu uns. Sie empfing das Baby stolz mit den Worten „meine kleine Wester“ und passte genau auf, was mit ihr bei der U1 geschah. Nach der Erstversorgung konnten wir alle vier zusammen ins große Bett kriechen und den kleinen Rest der Nacht glücklich und geschafft verschlafen. Im Wochenbett setzte sich die vertraute und kompetente Hebammenbegleitung fort und half uns so, kleine Anfangsschwierigkeiten zu meistern.
Nach knapp vier Jahren kündigte sich ein drittes Baby an und auch dieses sollte nach Möglichkeit zu Hause geboren werden. Die Schwangerschaft war recht beschwerlich, aber die Begleitung durch die vertraute Hebamme gesichert und auch hier nahm ich die Vorsorgeuntersuchungen in bewährter Weise bei Anke wahr. Wieder einige Tage nach Termin bemerkte ich beim Aufstehen ein leichtes Tröpfeln. Wehen noch nicht so sehr, aber es schien doch die Fruchtblase geplatzt zu sein. Die Hebamme wurde informiert und es wurde vereinbart, das sie am Mittag käme, wenn ich sie nicht vorher anpiepen würde. Erstmal brachten wir unsere Mädels in Schule und Kindergarten, mein Mann fuhr arbeiten und ich setzte die Freundin, die sich um die Mädchen kümmern wollte in „Alarmbereitschaft“. Langsam setzten Wehen ein und ich orderte meinen Mann am frühen Mittag nach Hause, schließlich musste das „Geburtslager“ noch hergerichtet werden. Obwohl dies schon unsere dritte Geburt war, wurden wir plötzlich von den Ereignissen überrollt. Denn dass dieses Kind so schnell sein würde, hatte ich nicht erwartet. Die Mädchen erhielten noch ein vorbereitetes Mittagessen, ehe sie von der Freundin abgeholt wurden, derweil ich schon mit heftigen Wehen arbeitete. Mein Mann piepte Anke an. Während mir klar wurde, das dieses Kind jetzt gleich ohne Hebamme geboren werden würde und mich eine erstaunliche Sicherheit und Ruhe überkam, verfiel mein Mann kurzzeitig in leichte Panik, ehe er sich dann ruhig dem Geburtsgeschehen widmen konnte. Es war eine ganz besondere Erfahrung, unseren ersten Sohn ganz allein auf dem heimischen Sofa zu gebären.
Am zweiten Geburtstag unseres Sohnes bestätigte der Schwangerschaftstest eine vierte Schwangerschaft. Sie wurde die beschwerlichste, die mich oft an meine Grenzen und darüber hinaus brachte. Umso mehr war eine gute Hebammenbegleitung für mich von Bedeutung. Das auch dieses Kind zu Hause geboren werden sollte, war nach den bisherigen schönen Geburtserfahrungen für uns selbstverständlich. Judith stand so schon während der Schwangerschaft mit Rat und Tat zur Seite, als dann bereits 3 Wochen vor dem errechneten Termin die Fruchtblase platzte. Ich war zwar froh, das nun das Kind ganz bald kommen sollte, aber wirklich aufs Kinderkriegen eingestellt war ich noch nicht. In Erinnerung daran, wie schnell das letzte Kind auf die Welt kam, bereiteten wir in aller Eile alles für eine Hausgeburt vor. Diesmal tat sich allerdings gar nichts und so rechte Geburtsstimmung wollte sich nicht einstellen. Judith versorgte uns mit homöopathischen Mitteln und vielen Tipps. Am frühen Mittag des nächsten Tages hatten wir alle Kinder bei einer Bekannten untergebracht. Ich wurde langsam unruhig, denn ohne „freiwillige“ Wehen befürchtete ich doch noch ins Krankenhaus gehen zu müssen. Letztlich half dann das nicht leckere aber effektive Rizinusöl mit Rührei, welches ich nach Rücksprache mit Judith am Mittag aß. Am Nachmittag stellten sich, noch unregelmäßig, langsam Wehen ein. Nachdem Judith am Nachmittag schon mal da war, piepten wir sie dann am frühen Abend an. Sie kam und schlug recht bald eine Hand- und Fußmassage vor. Dazu sollte ich mich aufs Sofa legen. Da ich bisher immer das Gefühl hatte, Wehen besser in aufrechter Haltung verarbeiten zu können, war ich skeptisch. Allerdings waren diese Fußmassagen schon in der Schwangerschaft wohltuend gewesen. Recht gut konnte ich mich dann auf die Massage einlassen und die nun regelmäßigen, heftigen Wehen, von Hebamme und Mann unterstützt, ertragen. Der Blick ins heimische Kaminfeuer war dabei auch ganz schön, aber bald nach der Massage mochte ich nicht mehr liegen, sondern wollte dringend auf die Toilette. Kaum zurückgekehrt, verspürte ich deutlichen Pressdrang. Judith rief also die zweite Hebamme dazu. Nur wenige Presswehen später gebar ich im Stehen unseren zweiten Sohn gut zwei Stunden nachdem Judith angekommen war. Das erste Mal wurden wir nun von zwei Hebammen versorgt. Eine neue und durchaus schöne Erfahrung.
Rückblickend bin ich glücklich und zufrieden mit den erlebten Hausgeburten und kann sie alle, trotz Wehenschmerz, als schöne Geburten und ganz besondere, jeweils einzigartige, Erlebnisse bezeichnen. Ich bin froh, mich für Hausgeburten entschieden zu haben und denke, das jede Frau ihrem Gefühl folgen und ihr Kind dort bekommen sollte, wo sie sich sicher und wohl fühlt.