Eine halbe Stunde nach dem ich mich ins Bett gelegt habe und die Augen schon zu hatte, aber nicht tief geschlafen habe, ist meine Fruchtblase „geplatzt“. Geplatzt ist eigentlich nicht das treffende Wort, sie ist eher aufgegangen, wie ein leicht mit Wasser gefüllter Luftballon.
Auch wenn es meine erste Schwangerschaft war, war es klar, dass es die Fruchtblase gewesen sein muss. Ich habe meinem Freund Bescheid gesagt und Meike angerufen. Wir haben uns alle gefreut, allerdings nicht damit gerechnet, dass es an diesem Abend los gehen würde. Meike hat uns geraten uns hinzulegen und noch gut auszuruhen, um Kräfte für die Geburt zu sammeln. Ich habe mir direkt Sorgen gemacht, dass ich länger auf Wehen warten könnte, allerdings haben sie bereits nach 5-10 Minuten angefangen. Ich habe mich auf die Seite gelegt und mich zwischen den Wehenpausen ausgeruht und bin vielleicht auch mal dazwischen weggenickt. Mein Freund hat direkt drei Stunden durchgeschlafen. Gegen 03:00 Uhr hatte ich Hunger und Durst und habe beschlossen meinen Freund aus seinem Tiefschlaf zu wecken und damit zu beauftragen – ich hätte das selber auch noch gekonnt, aber – irgendwie fand ich die Vorstellung doof beim Brote schmieren wegen den Wehen Pausen zu machen und mein Freund war ja eh zum Unterstützen da. Irgendwann wollte ich für die Wehen aufstehen und nicht mehr liegen bleiben. Ich war ständig auf Toilette. Das Fruchtwasser war leicht rosa. Wir haben LED Kerzen im Zimmer, Flur und Bad aufgestellt und ein paar Witze darüber gemacht, dass mein Freund auch irgendwie auch gleichzeitig meine Doula ist. Die Stimmung war schön. Um 07:00 Uhr habe ich Meike das nächste Mal angerufen. Der Wehenabstand war irgendwas zwischen 5 und 10 Minuten, es war aber alles aushaltbar und noch nicht notwendig, dass sie sich auf den Weg macht. Meike hat mir geraten, zu versuchen, noch ein paar Wehen im Liegen zu veratmen und mich weiter auszuruhen. Irgendwann in der Nacht oder am Morgen habe ich meinen Freund darum gebeten, im Wohnzimmer alles für die Hausgeburt vorzubereiten: alles mit Vlies auslegen, Matratze runtertragen, Luft in den Geburtspool lassen etc. Alle Sachen für die Hausgeburt lagen wie vorher mit Meike besprochen im Wohnzimmer bereit. Um 09:00 Uhr habe ich Meike erneut angerufen und sie hat vorgeschlagen, dass sie ca. 10:15 Uhr vorbeikommen kann. Irgendwann habe ich angefangen die Wehen leicht zu vertönen. Am Anfang hat mich mein Freund recht erschrocken bzw. eher bedauernd angeguckt während der Wehen. Ich habe ihm gesagt, dass das nicht hilft und er hat damit aufgehört und angefangen mir stattdessen Mut zuzureden. Er hat mich während der gesamten Geburt sehr gut unterstützt und ist später nicht mehr von meiner Seite gewichen. Als Meike gekommen ist, habe ich gemerkt, dass ich etwas Hemmungen habe, meine Wehen zu veratmen in der Anwesenheit einer weiteren Person. Das habe ich ihr gesagt, und wir waren am Anfang viel zu zweit oben im Schlafzimmer. Rückblickend wäre das im Krankenhaus noch zehnmal schlimmer für mich gewesen, da ich Meike zu dem Zeitpunkt ja schon einige Monate kannte und ihr zu 100% vertraue. Während der gesamten Geburt hat Meike mit einem Doppler nach den Herztönen von unserem Kind geschaut, welche fortlaufend gut waren. Da es noch relativ ruhig war, haben wir gemeinsam besprochen, dass Meike noch zu einem Nachsorgetermin ganz in der Nähe fährt. Sie wäre aber nicht gefahren, wenn ich nicht das Ok gegeben hätte und auch sofort wieder umgedreht, wenn ich sie angerufen hätte und es mir anders überlegt hätte. Inzwischen wurden die Wehen etwas stärker und ich habe sie weiter vertönt. Mein Bauch hat während der Wehen weh getan, deswegen war vor allem das Liegen unangenehm, stehen war am besten und ich konnte meine Stirn an die Brust von meinem Freund lehnen. Als Meike wiedergekommen ist, musste ich ein bisschen weinen – ich weiß auch nicht warum. Meike hat mir gesagt, dass das ganz normal ist und viele Frauen das machen und dass das nicht schlimm ist. Mein Freund und ich waren noch relativ lange im 1. Stock im Schlafzimmer zu zweit und Meike war unten. Fürs Protokoll ;): ich hatte recht häufig Durchfall, mir war später auch übel, aber ich musste nicht erbrechen. Irgendwann mittags/nachmittags, wollte ich in den Geburtspool, den wir uns über Meike geliehen haben. Es dauerte recht lange, das Wasser aufzufüllen und ich bin schon vorher reingestiegen. Meike hat meinen Muttermund gemessen und er war bei ca. 4 cm. Die Wehen wurden stärker. Unser Kind hat nach links geschaut und war wohl nicht in der üblichen Position, die ein Kind normalerweise Richtung Becken wählt. Ich sollte mir vorstellen, wie unser Baby nach rechts guckt. Meine Wehen wurden heftiger, wir haben angefangen verschiedene Positionen einzunehmen, um dem Baby zu helfen, den richtigen Weg zu finden. In den Wehenpausen war relativ lange noch alles in Ordnung und ich konnte normal reden. Die Wehen habe ich deutlich lauter vertönt – zum Glück wussten unsere Nachbarn, dass wir eine Hausgeburt planen, trotzdem habe ich mir währenddessen (absolut unnötiger weise) Sorgen gemacht, es könnte sie stören. Ich habe vorher oft gelesen, dass Frauen während der Wehen Laute von sich geben, die etwas sehr „urisches“ haben – das können mein Freund und ich bestätigen. Der Muttermund war schon fast komplett offen, nur ein ganz kleines Stück hat noch gefehlt. Irgendwann danach kam die Phase, in der ich gesagt habe, dass ich keine Lust mehr habe, dass es weh tut, dass ich am nächsten Tag weiter machen möchte. Ich habe mich kaputt gefühlt. Trotzdem finde ich den Begriff Schmerzen nicht angemessen und ich finde, dass er anderen Frauen einen falschen Eindruck vermitteln kann. Ich bin auf die Matratze neben dem Geburtsbecken gewechselt. Irgendwann kam unsere zweite Hebamme Miriam dazu. Eine von beiden – oder beide, haben – nach dem sie gefragt haben, ob das in Ordnung ist- den Rest vom Muttermund wegmassiert, sodass ich in die Presswehen übergehen konnte. Die Presswehen gingen rein faktisch gar nicht so lang, aber gefühlt 5 Stunden, in denen sich gefühlt kaum was getan hat. Wir haben ganz viele verschiedene Positionen ausprobiert zu viert und ich habe meine Arme und Beine in verschiedene Richtungen gedrückt während der Wehen. In den Wehenpausen war ich in einer ganz anderen Welt. Ich konnte den Kopf von unserem Kind schon zwischen den Beinen fühlen. Wir sind erst nicht weiter vorangekommen, dann nach einem Positionswechsel dann doch ein weiteres Stück. Der Kopf ist aber immer nach dem er ein Stück rausgekommen ist, wieder zurück gegangen. Meike hat mich irgendwann gefragt, ob ich überhaupt Wehen habe, als ich gepresst habe. Ich habe festgestellt, dass ich auch mal gepresst habe, ohne das Wehen da waren. Ich hatte die ganze Zeit über immer mal wieder Bauchschmerzen – was rückblickend wohl etwas ungewöhnlich ist, bzw. lt. Meike ihr noch nie eine Frau in den Wehen gesagt hat. Meike und Miriam haben irgendwann den Raum verlassen, um sich kurz miteinander zu besprechen. Wie bei allem anderen auch, haben sie immer mit mir Rücksprache gehalten, ob das in Ordnung für mich ist und mir erklärt was sie warum vorhaben. Meike und Miriam haben uns gesagt, dass es sein kann, dass wir ein Stück voran kommen mit dem Kopf, also dass der Kopf etwas weiter raus kommt, aber sie nicht sagen können, ob es wirklich so ist, oder es eine Schwellung am Kopf gibt und diese größer wird und dass sie gerne ins Krankenhaus fahren würden, um anders ans Limit gehen zu können. Oder dass man die Wehen vielleicht mit einem Wehentropf unterstützen könnte. Ich wollte nicht ins Krankenhaus, aber habe dem zugestimmt. Ich hatte wahnsinnig Angst davor ins Krankenhaus zu gehen, und dass ich dem was dort passiert hilflos ausgeliefert bin, weil ich Angst hatte, dass man z.B. meinen Freund mit Formularien aufhält und ich in den Wehen machtlos bin, wenn ich etwas nicht möchte. Meike hat mir zugesichert mit ins Krankenhaus zu fahren. Ich sollte nicht mehr in den Wehen mitgehen, was unmöglich war, und das fand ich ganz schlimm, dass ich es nicht tun sollte, es aber auch nicht aufhalten konnte. Meike ist mit mir im Krankenwagen mitgefahren, Miriam ist mit ihrem Auto gefahren und hat meinen Freund mitgenommen. Ich musste mich zur Seite legen, um angeschnallt zu werden. Die Krankenwagenfahrer waren sehr nett. Meike hatte im Vorfeld schon im Krankenhaus angerufen und alle wichtigen Daten durchgegeben. Innerhalb der letzten halben Stunde der Geburt, haben wir uns auf den Weg ins Klinikum gemacht und unser Sohn ist zur Welt gekommen. Im Klinikum ging alles schnell und professionell. Ich war sehr dankbar für die Unterstützung und das Hand halten von Meike und Miriam. Meike hat den Ärzten/Hebammen gesagt, dass sie mir erklären soll, was sie machen wollen und warum. Das habe ich sehr positiv in Erinnerung und ich bin sehr dankbar dafür. Im Klinikum angekommen, war das Köpfchen schon deutlich weiter sichtbar. Ich wurde gefragt, ob ein Dammschnitt bei mir gemacht werden darf, um zu verhindern, dass ich „von oben nach unten“ reiße. Dem habe ich zugestimmt. Mir wurde erklärt, dass ich tief einatmen soll und dann lautlos mit der Wehe mitgehen und drücken soll, bis ich nicht mehr kann – und danach noch deutlich weiter gehen soll. Ich glaube wir haben das ca. 3x in der Intensität gemacht. Der Kopf kam, dann die Schultern und dann ist Frederick „rausgerutscht“. Er war erst noch ein bisschen blau und ganz gliebischig und wurde er mir direkt auf die Brust gelegt. Miriam hat mir geholfen ihn anzulegen. Während dem Ende der Geburt, als unser Baby durch mein Becken gekommen ist, habe ich zwar alles gespürt, aber ich hatte keinerlei Schmerzen. Ich denke der Körper hat hormonell seine eigenen Schmerzmittel genutzt. Danach wurde auf Nachfrage kurz auf meinen Bauch gedrückt, an der Nabelschnur gezogen und ich habe zweimal gedrückt und die Plazenta war draußen und wir konnten uns sie anschauen. Danach wurde ich genäht, was sehr schnell ging.
Mein Freund sagt immer, wir hatten zu 95 % eine sehr schöne Hausgeburt. Im Nachhinein hätte ich alles genauso gemacht, da jeder Schritt im Vorfeld durchdacht und reflektiert war. Ich habe mich vor und während der Geburt immer sehr informiert und aufgeklärt gefühlt und immer auch im Sinne von meinem Kind entschieden. Ich würde es jederzeit wieder so machen und das nächste Kind kommt dann hoffentlich komplett zuhause. Im Krankenhaus wäre eine natürliche Geburt ohne Schmerzmittel oder wehenfördernde Mittel für mich unmöglich gewesen, davon bin ich zu 100% überzeugt. Wahrscheinlich wäre es sogar eher ein Kaiserschnitt geworden. Ich bin Meike und Miriam zutiefst dankbar, dass sie einen so tollen Job machen und Frauen zu einer selbstbestimmten Geburt verhelfen.