Klaras Geburt war toll. Sie kam unerwartet schnell zur Welt – nach einem langen Vorspann, wenn man so will. Immer wieder denke ich daran, wie sehr uns die Hebammen von Hand-in-Hand geholfen haben, vor, während und nach der Geburt.
Der Informationsaustausch zwischen ihnen ist super gut und Rat und Handeln der einen widersprechen nicht dem der anderen. Man merkt ihnen ihre Erfahrung und das Vertrauen an, das sie in die Natur des Gebärens, in die Frauen und Babys und in sich selbst haben.
Unsere erste Tochter kam im Krankenhaus auf die Welt. Die Geburt lief super. Sie war ein einziger Rausch. Ich hatte mir vorgenommen einfach zu Gebären, meinen Körper einfach machen zu lassen. Das hatte mir meine Schwester zuvor geraten. Ich hatte Vertrauen und keine Angst. Doch das, was nach der Geburt folgte (Versorgung der Geburtsverletzung, keine Zeit mein Mädchen in Ruhe kennenzulernen, Betreuung durch die Krankenschwestern auf Station, nächtliche Termine mit dem Kind, kein Nachgespräch mit der Geburtshebamme) machte mir im Nachhinein zu schaffen und veranlasste mich nach einer Alternative zu suchen.
Im ersten Gespräch mit meiner Nachsorgehebamme Maria kam mir der Gedanke einer Hausgeburt. Das war seltsam, denn früher, da hätte ich das nie gemacht. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich einmal in Erwägung ziehen würde mein Kind zu Hause zu gebären. Hielt es in der Vergangenheit auch für unverantwortlich etc., man kennt die Argumente. Meiner Meinung nach wird vor allem Angst geschürt – mit scheinbar alles beweisenden Zahlen und Halbwissen.
Auch mit der Hausgeburt hatte ich mich schließlich in etwas hineinbegeben, das mir immer mal wieder Angst machte, war es doch neu und unbekannt. Bis zuletzt hielt ich es mir offen, ob ich im Krankenhaus oder Zuhause gebären würde. Auch redete ich mit nur sehr wenigen Leuten darüber, damit mir keiner Angst machen oder reinreden konnte. Mein Mann war auf meiner Seite. Im Nachhinein könnte ich etliche Vorteile einer Hausgeburt aufzählen.
Das Tolle an Klaras Geburt war, dass wir knapp 3 Wochen vor ihrer Geburt einen Probelauf hatten. Ich hatte schwache, aber regelmäßige Wehen, den ganzen Tag über. Wir ließen unsere Älteste gegen Abend abholen und wir bereiteten alles für die Geburt vor: Der Ofen wurde noch einmal für die Handtücher, die darin gewärmt werden sollten, geputzt; das Malervlies wurde auf dem Fußboden ausgelegt, die Schlüssel in Position gebracht. Die Badewanne noch einmal geputzt. Wir informierten Miriam, dass ich Wehen hatte und gingen ins Bett um uns auszuruhen für das, was da kommen sollte. Mein Mann und ich, wir merkten auf einmal total stark wie entspannt es ist zu Hause, in den eigenen vier Wänden, auf das Kommen eines Babys zu warten und freuten uns, bei Bedarf nur die Hebamme anrufen zu müssen. Irgendwann hörte ich meinen Mann im Halbschlaf fragen: „Hast du eigentlich gar keine Wehen mehr?“ Oh Nein, hatte ich nicht. Ich hatte tief und fest geschlafen! Wir waren ganz enttäuscht.
In der Nacht vor Klaras Geburt war es das Gleiche. Ich hatte wieder Wehen. Lange war ich mir unsicher, ob es nun „echte“ Wehen waren oder nicht…vorsichtshalber ließen wir schließlich unsere Tochter um 2 Uhr nachts abholen und legten uns, nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, wieder schlafen. Die Wehen waren teilweise schon leicht schmerzhaft. Dennoch, sie verschwanden auch dieses Mal und ich fragte mich ernsthaft, ob Wehen in Wirklichkeit nicht einfach nur psychosomatische Erscheinungen sind, die ich mit meinem Willen erzeugen konnte.
Am nächsten Morgen konnten wir ausschlafen! Das war schön, unsere Tochter war ja noch bei meinen Eltern. Wir überlegten, ob wir sie gleich abholen sollten, entschieden uns aber den Besuch von Vera, 11 Uhr, abzuwarten. Es war Wochenende und da ich schon 6 Tage über dem Stichtag hinaus war, fand eine Vorsorgeuntersuchung statt. Glücklicherweise musste ich dafür nicht ins Krankenhaus, da das Hand-in-Hand-Team das übernimmt. Es stellte sich heraus, dass die Wehen der Nacht nicht unnötig gewesen waren, der Muttermund war knappe 3 cm geöffnet. Vera verließ uns mit der Info, dass es wahrscheinlich heute Abend oder nachts vielleicht wieder losgehen würde. Die Wehen setzten allerdings schon, nachdem wir die Haustür hinter ihr geschlossen hatten, sachte wieder ein.
Da die Nacht kurz gewesen war, legte ich mich bald wieder ins Bett. Die Wehen wurden heftiger, waren aber nur ein starkes Ziehen im Unterleib. Irgendwann musste ich leicht tönen. Aber es ging noch alles und war gut auszuhalten. Sie kamen zuverlässig alle 10 min, eine lange Zeit über. Wir sollten Miriam anrufen, wenn sie alle 7 min kämen… hmm, es tat sich nichts… Informiert hatten wie sie auf jeden Fall schon. Um 14:45 ca. kamen die Wehen auf einmal alle 3-4 Minuten. Ich dachte, mein Körper ist gerade verwirrt und pendelt sich jetzt gleich auf 9 oder 8 oder 7 Minuten ein… die Schmerzen wurden heftiger und da ich bei der Geburt meiner ersten Tochter eigentlich ins Wasser wollte (v.a. wegen Dammschonung), ließ ich die Badewanne volllaufen. Wir riefen Miriam um 15:03 Uhr an und informierten sie, dass die Wehenabstände gerade wesentlich kürzer geworden waren und sie machte sich auf den Weg. Das warme Wasser verfehlte seine Wirkung nicht, die nächsten 2 Wehen kamen im 7 Minuten-Abstand und waren auch besser auszuhalten. Bis dann die nächste kam, und die übernächste und die überübernächste und jede war heftiger als die vorherige und die Abstände wurden erschreckend kurz. Eine halbe Stunde später war es kaum noch auszuhalten und Miriam war noch nicht da. Ich dachte panikbefallen: das sind doch jetzt schon Presswehen!! Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Mann rief Miriam um 15:32 erneut an, sie sagte, dass ich aus der Wanne steigen soll. Mein Mann half mir heraus. Es war jetzt wirklich schlimm und ich ganz hilflos. Wie Wellen überrollten mich die Wehen und ich überlegte, ob ich vielleicht in die Matratze beißen sollte – ob das wohl helfen würde… Miriam war noch immer nicht da.
Aber dann ist sie da. Glücklicherweise bog sie entgegen der Fahrtrichtung in unsere Einbahnstraße ein. Um 15:41 höre ich ihre Stimme: „Du machst das gut, alles ist super.“ Nebenbei packt sie ihre Tasche aus. Maximal drei Wehen später sagt sie: „Jetzt kommt gleich dein Baby.“ Ich denke, ich werde verrückt, das geht doch alles viel zu schnell! Ich wollte doch eine langsame, Damm schonende Geburt mit Kind Rausschieben und nicht mit Kind Rausplumpsen. Und da ist Klara dann auch schon (ich konnte es nicht verhindern!!): ein wunderschönes Mädchen. Es ist 15:45. Ich bin ganz überrascht, baff, fasziniert, schaue sie unglaublich an. Sie sieht so wunderschön aus und schaut mich ganz ruhig an. Ihre Hände hat sie an ihrem Kinn. Endlich ist sie da!
Nachdem das erste gegenseitige Bestaunen vorüber ist, ziehen wir ins Bett um und sie wird in die warmen Handtücher eingekuschelt. Andrea, die zweite Hebamme, ist jetzt auch schon da. Um 16:26 erst wird die Plazenta geboren. Alles ist gut. Die Geburtsverletzungen sind wider meines Erwartens minimal. Klara trinkt wie ein Profi. Um 17:30 werden meine Verletzungen behandelt, alles geschieht mit so viel Ruhe und ich bin Teil der Behandlung, halte die Taschenlampe. Es ist ein schönes Gefühl „mitzuhelfen“, ich fühle mich nicht wie ein Objekt. Wir alle haben gemeinsam ein Kind zur Welt gebracht, jeder hatte seine Aufgabe. Um 18 Uhr gehe ich Duschen. Um 19 Uhr trinkt Klara erneut, Miriam und Andrea verschwinden irgendwann, ich kann mich nicht mehr erinnern wann. Auch ich bekomme etwas zu Essen, Maultauschen, lecker.
Schon nach 2 Tagen fühlt sich alles ganz normal an. Keiner muss sich erst ans Krankenhausleben gewöhnen, um dann nach drei, vier Tagen den Schritt nach Hause zu wagen. Wir schlafen, wenn wir müde sind und stehen auf, wann wir wollen. Alles riecht wie immer, alles schmeckt wie immer, überall sind meine Keime und keine, die mich krank machen könnten. Noch Wochen später stehe ich in Kontakt mir Miriam und kann meine Fragen loswerden.
Im Vorfeld hatte ich einmal zu Miriam gesagt: Irgendwie habe ich Angst, dass Du zu spät kommen könntest. Sie sagte, das sei ihr noch nie passiert. Dieses Mal ja auch nicht, sie hatte Glück 😉 – oder wir ;-))
Es war ein Segen für uns Miriam, Vera, Andrea und Meike (telefonisch), sowie Maria kennenzulernen. Danke Euch!