Es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens, Louise bei uns zu Hause auf die Welt zu bringen, das gleich vorweg. Jede, die bereits mit dem Gedanken spielt, evtl. eine Hausgeburt zu planen und bei der schwangerschafts-/ gesundheitsbedingt nichts dagegen spricht, sollte nicht zögern, dies zu tun, um sich und dem Kind ein einmaliges Erlebnis nicht zu vergeben und dem Kind den schönsten Eintritt in sein Leben zu schenken.
Die Unsicherheit, diese Entscheidung zu „wagen“, wird Dir hinterher ganz unverständlich sein! Sie lässt sich dann nur noch damit erklären, dass in unserer Gesellschaft die Hausgeburt eben leider nur noch eine „Exotenrolle“ spielt, obwohl sie das gar nicht ist, „exotisch“. Im Nachhinein erscheint mir die Geburt meiner ersten Tochter in der Klinik vielmehr nicht nur als traumatisch und Grund vieler Komplikationen (das schon vorher), sondern als völlig verquert, unpassend, „exotisch“ als Geburtsortwahl.
Für die Zögernden: Es ist doch auffällig, wieviele Frauen man kennt oder auf deren Berichte man im Internet stößt, die von furchtbaren, traumatischen Klinikgeburten berichten (ich selbst eingeschlossen). Dagegen findet man auch nach langem Suchen keine einzige Frau, die berichtet, ihre Hausgeburt sei eine Fehlentscheidung und Grund welchen Leides auch immer gewesen.
Louise hat sich für uns völlig überraschend schon drei Wochen vor ihrem offiziellen Entbindungstermin auf den Weg gemacht. Nach einer dieses Mal beschwerlichen, sehr anstrengenden Schwangerschaft wollte sie mich offenbar frühzeitig erlösen. Nachdem mir in der Nacht die Fruchtblase geplatzt war, sind mein Mann und ich also erst einmal – gegen den Rat Veras, mich erst noch einmal auszuruhen, da noch keine Wehen eingesetzt hatten – durch die Gegend gesprungen, um das Beistellbettchen aufzubauen, den Heizstrahler über dem Wickeltisch anzubringen, die Wanne mit den für die Hausgeburt notwendigen Utensilien zu Ende zu packen, den Malervlies zurechtschneiden und den Teppich abzudecken im Schlafzimmer… Ja, wir waren noch nicht so gut vorbereitet gewesen! Das war ich auch innerlich noch gar nicht, so dass ich zunächst noch ganz erschrocken war, dass es jetzt schon losgehen sollte, die Schwangerschaft fühlte sich noch nicht zu Ende an für mich. Nachdem nach den letzten Vorbereitungen am frühen Morgen dann auch die Wehen einsetzten und Vera kurz vorbeigekommen war, um mich zu untersuchen und die Herztöne der Kleinen abzuhören, kam ich aber auch innerlich langsam in der Situation an. Vera ist dann erst einmal wieder gefahren, um zwei Hausbesuche zu machen.
Ganz faszinierend war für mich, wie mein Körper ganz von allein alles „richtig“ machte. Als wir die Große weckten, sie fertig für den Kindergarten machten und zusammen frühstückten, setzten meine Wehen aus. Auch als mein Mann sie in die Kita brachte, war noch nichts wieder zu spüren. Erst, als er wieder zur Haustür hereintrat, fingen die Wehen wieder an. Dies zeigte mir insbesondere im Vergleich zu meiner ersten Entbindungserfahrung in der Klinik, dass man den Körper der Schwangeren eben einfach nur machen lassen, in Ruhe lassen muss (solange dies möglich ist), er weiß schon, wie alles zu funktionieren hat. Dies ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn der Körper der Frau ist ja dafür ausgelegt, Kinder zu bekommen – im Entbindungsalltag der Krankenhäuser ist aber nach meiner Erfahrung diese Erkenntnis gänzlich abhanden gekommen und ist dies auch gar nicht möglich in der Krankenhausumgebung.
Um 8Uhr45 also, nachdem mein Mann wieder nach Hause bekommen war, setzten die Wehen wieder, und jetzt richtig, ein. Um ca. 9Uhr30 habe ich Vera angerufen, da ich – auf dem Petziball sitzend die Wehen vertönend – inzwischen alle 6 Minuten Wehen hatte. Als Vera um 9Uhr50 wieder bei uns eintraf, hatte ich alle drei Minuten Wehen, meinte aber zu Vera, das könnten wohl keine richtigen Eröffnungswehen sein, da sie gar nicht besonders schmerzhaft seien. Vera untersuchte mich und stellte fest, dass mein Muttermund schon zu 5cm geöffnet war. Sie meinte, die Wehen kämen mir wenig schmerzhaft vor, da ich ja die Eröffnungswehen bei der Geburt der Großen als Vergleich in Erinnerung hätte, und dabei hatte es sich ja um eine eingeleitete Entbindung gehandelt, die schlagartig sehr heftige, künstlich hervorgerufene Wehen verursacht hat.
Nachdem gegen 10Uhr30 meine zweite Hebamme, Meike Bernoth, eingetroffen war, dauerte es schon nicht mehr lang. Ich wollte eigentlich – wie beim ersten Mal – auf dem Hocker entbinden, da es aber auf dem Hocker nicht voran ging, riet mir Vera, mich in Seitenlage auf das Bett zu legen. Das konnte ich mir erst gar nicht vorstellen, im Liegen zu entbinden, es ging aber tatsächlich in der Seitenlage dann wieder gut voran. Mit Hilfe meines Mannes und der wunderbaren Vera Krause und ihrer Kollegin Meike Bernoth hat unsere zweite Tochter dann um 11Uhr57 das Licht der Welt erblickt.
Ich bin Vera sehr dankbar dafür, mir ermöglicht zu haben, dies erleben und meiner Tochter Louise einen so natürlichen, „normalen“, wunderschönen Eintritt in ihr Leben schenken zu dürfen. Das war bei unserer großen Tochter, die in der Klinik zur Welt kommen musste, leider sehr anders, was mir bis heute wehtut. Dankbar bin ich auch meiner lieben Bekannten U., ohne deren Vorschlag, doch einmal über eine Hausgeburt nachzudenken, ich wohl niemals auf diese Idee gekommen wäre.
Ich wünsche allen Hausgeburtshebammen von Herzen, dass sie auch in Zukunft ihren Beruf weiter ausüben können und dass Ihnen von der Politik und der Gesellschaft die Wertschätzung entgegengebracht wird, die sie allemal verdienen!