Unser erstes Kind ist nach einer langen Geburt wie geplant im Krankenhaus geboren. Bei der zweiten Geburt haben wir während der Austreibung die Hausgeburt abgebrochen und sind ins Krankenhaus gefahren. Ich wünschte mir also jetzt sehr, dass es beim dritten Kind zu Hause klappen würde.
Die ersten beiden sind groß und schwer gewesen. In dieser Schwangerschaft hatte ich nach Absprache mit unserer Hebamme Miriam auf eine kohlenhydratarme Ernährung geachtet, um das Geburtsgewicht etwas zu drosseln. Nach Tastbefund und auch nach meinem Gefühl dürfte dieses dritte Kind tatsächlich kleiner sein und machte auch sonst alles anders.
Wir waren nach den ersten beiden Schwangerschaften eher auf eine Geburt lange nach dem errechneten Termin gefasst. Umso mehr überraschte uns der Blasensprung zehn Tage vor Termin und mitten in der Nacht. Direkt nach dem Blasensprung hatte ich angenehme Wehen und dachte schon das Kind könnte doch einfach jetzt in der Nacht kommen, ohne dass wir die großen Kinder wecken müssten. Naja, dem war dann nicht so. Nach zwei Stunden verschwanden die Wehen wieder und mein aufgeschreckter Mann und ich haben noch einige Stunden bis zum Wecker geschlafen. Wir haben dann die Kinder für Schule und Kindergarten fertig gemacht. Mein Mann brachte sie weg und ich rief Miriam an. Die sagte Nils soll schnell wiederkommen und alles vorbereiten, sie würde sich nach einem fixen Frühstück auch auf den Weg machen – es könnte sein, dass es schnell geht, wenn erstmal die Kinder aus dem Haus sind! Ja das wäre schön gewesen! Stattdessen habe ich den ganzen Tag schlummernd, wartend – mal ungeduldig, mal entspannt auf Wehen gewartet. Miriam und Nils waren die ganze Zeit in der Küche und es war schön ihrer Anwesenheit sicher zu sein, aber ich wollte meine Ruhe, da ich das Gefühl hatte sonst abgelenkt zu werden.
Immer mal wieder kamen ein paar Wehen, aber sie hörten immer wieder auf. 16 Stunden nach dem Blasensprung entschieden wir uns mit Rizinus-Rührei einzuleiten, da bei einem vorzeitigen Blasensprung nach 20 Stunden Geburtswehen einsetzen sollten. Alle waren zur Ruhe gekommen, mein Mann schlief auf dem Sofa, Miriam hatte sich auch nochmal kurz hingelegt, aber war bereit.
Dann endlich nach exakt vier Stunden ging es um 21:15 mit erst leichten, aber eindeutigen Geburtswehen los. Ich freute mich unendlich, dass es endlich losging und ich etwas zu tun hatte. Erstmal konnte ich die Wehen gut veratmen, später tönte ich. Miriam untersuchte mich und sagte der Muttermund sei auf 3-4 cm geöffnet. Nach einer Stunde steigerte sich die Intensität der Wehen und der Muttermund öffnete sich innerhalb einer guten halben Stunde auf 7 cm. In dieser Zeit bereitete Miriam alles vor und Andrea, die zweite Hebamme fuhr los. Mittlerweile waren die Wehen ziemlich stark. Ich kniete und zog mir mit beiden Händen die Decke während der Wehen kräftig in den Rücken, so hatte ich guten Halt für die Hände und hatte gleichzeitig einen starken Gegendruck von hinten. Nils setzte sich dann auch noch hinter mich und gab mir Halt. Der Druck wurde sehr stark und war kaum noch zu ertragen. Für einige Wehen hatte ich das Gefühl einfach nicht mehr zu können und das Ganze jetzt gerne abzubrechen. Dies sagte ich auch zu Nils und Miriam. Aber komischerweise wollten die nicht ohne mich weitermachen. Irgendwann zu diesem Zeitpunkt der Geburt kamen plötzlich Töne aus mir heraus, die nichts mehr mit dem „erlernten Tönen“ zu tun hatten, sondern von ganz Innen und aus Urzeiten kamen. Diese waren sehr langgezogen und gaben unglaublich viel Kraft. Sodass ich auch diese sehr anstrengende, wenn auch recht schnelle Übergangsphase schaffen konnte.
Die zweite Hebamme Andrea kam um 23:10 Uhr. Ich war mittlerweile im Vier-Füßler und wollte plötzlich mitschieben. Miriam wollte eigentlich noch einmal untersuchen, ob der Muttermund wirklich ganz eröffnet ist, aber es war dann eindeutig und ich schob mit. Wenige Wehen später war das Köpfchen und dann auch der Körper geboren. Andrea hat es wohl nur noch rechtzeitig geschafft, weil Fiete seine Hand am Kopf hatte, sonst wäre er noch schneller da gewesen.
Ein winziges Baby lag vor mir, ich machte eine Höhle um mein Baby. Ich konnte es gar nicht fassen, dass nach diesem holprigen Start es jetzt doch wirklich wahr war – das Baby ist zu Hause geboren!
Dieser glückliche und ungläubige Augenblick hat dann leider nicht lange angehalten. Mit der Geburt der Plazenta zeigte sich, dass Eihautreste in der Gebärmutter blieben und auch mit einigen Versuchen der Hebammen nicht rauszubekommen waren. Miriam und Andrea waren sehr angespannt, konzentriert und plötzlich sehr schnell. Eine Verlegung mit RTW wurde vorbereitet. Ich jammerte erst, ob das denn wirklich nötig sei, aber ich bin unglaublich dankbar und beeindruckt von der Professionalität und trotzdem liebevollen Begleitung bei diesem Weg. Miriam fuhr mit mir im RTW und blieb auch im Krankenhaus noch bei mir. Nils folgte im eigenen PKW mit dem Baby und Andrea. Im Krankenhaus wurde im Kreissaal nochmal versucht die Eihautreste herauszuziehen, aber es ging nicht und so wurde ich für den OP fertig gemacht und die Gebärmutter wurde unter Vollnarkose ausgeschabt. Dieser Schritt war für mich blöd und ich war traurig, aber die Entscheidung war richtig und nötig. Ich konnte mein Baby einmal zu Hause und auch im Krankenhaus vor der OP noch anlegen und so eine erste Kontaktaufnahme haben.
Nach der OP wurde ich in einen leeren Kreißsaal geschoben, in dem mein Mann mit unserem kleinen Fiete auf der Brust schlief. Wir konnten den Rest der Nacht hier verbringen und am nächsten Morgen hat mein Mann unsere großen Kinder, die bei Freunden geschlafen hatten, geholt. Nach dem Frühstück im Krankenhaus und einer Abschlussuntersuchung durften wir nach Hause gehen und konnten 12 Stunden nachdem Fiete das Licht der Welt erblickte, unsere traumhafte Hausgeburt beenden und uns ins eigene Bett kuscheln.
Nach den zwei sehr großen Kindern (jeweils fast 4500g), war hier für unsere Verhältnisse ein Mini-Baby geboren: 3360g – 50cm.
An dieser Stelle nochmal ein riesengroßes DANKE an Miriam für die tolle Begleitung während der Schwangerschaft, Geburt und im Krankenhaus!